EinzigARZTig

#99 Welchen Stress hast eigentlich du, Henner?

19. Sep 2024

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Wir, also Henner und ich sind ja extrem gut darin, Tipps zum Umgang mit Stress zu geben. Wir sind beides Stressmediziner, beide Stresscoaches, also ist ja völlig klar, dass WIR keine Stress haben.
🤣 Schön wär`s.
Nein, leider schaffen auch wir es regelmäßig, uns in stressige Situationen hineinzumanövrieren. Schwups, schon stecken wir drin.
Ehrlich? Das ist völlig normal. Ich kennen wahrlich niemanden, dem das nicht passiert… okay vielleicht dem Dalai Lama.
Doch da stellt sich die Frage: Wie gehen wir damit um? Und wo können wir ansetzen, dass es uns weniger, weniger lang, weniger stark, weniger Energie-ziehend trifft?

 

Wir bringen euch heute ein paar Beispiele aus unserem Alltag.

Transkription

SUSANNE: Herzlich willkommen bei EinzigARZTig, dem Podcast nicht nur für Ärztinnen und Ärzte, die selbstbewusst klar und unbeschwert Beruf, Familie und Freizeit genießen und sich selbst und andere souverän führen möchten.

HENNER: Wir sind Dr. Susanne Löffner und Dr. Henner Sturzenhecker, zwei erfahrene Ärzte und Coaches und wir unterstützen dich auf deinem ganz persönlichen Berufs- und Lebensweg.
Worum geht’s bei EinzigARZTig?
Es geht um Medizin, Medizinerinnen und Menschen.

Susanne: Die heutige Folge wollen wir mal wieder nutzen, um über das Thema Stress zu sprechen.
Denn es ist einfach wichtig.
Es ist etwas, was uns überall verfolgt, egal ob privat oder bei der Arbeit oder mit Freunden.
Wir haben Freizeitstress, wir haben beruflichen Stress.
Und wir haben irgendwann die Stressfolgen.
Dass wir einfach fertig sind, dass wir Migräne haben oder andere Kopfschmerzen, dass wir Magen-Darm-Probleme haben, dass unsere Allergien schlimmer werden.
Ach, da gibt es so viele Sachen, die stressbeeinflusst sind.
Und deswegen werden wir nicht müde, darüber zu reden und Bewusstsein zu schaffen.

Wie entsteht Stress?
Wo kommt er her?
Woran erkenne ich ihn?

Und heute reden wir mal über UNSEREN Stress.

Also Henner und ich reden über den Stress, den wir haben.
Und was wir daran erkennen können und was wir dagegen tun können.

Du bist dabei.
Folge 99.
Unsere letzte Folge nur zum Anhören.
Beim nächsten Mal gibt es dann das Video dazu.

Viel Spaß heute.

Susanne: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von EinzigARZTig.
Und das ist jetzt eine schon mal ziemlich besondere Folge, denn es ist die 99. Folge.
Und es ist deshalb eine besondere, aber das merkst du jetzt noch gar nicht.
Denn wir nehmen zum ersten Mal nicht nur Ton, sondern auch Bild auf, um zu üben.
Denn nächstes Mal ist ja die hundertste Folge.
Und ab da möchten wir mit Bild agieren.

Henner: Genau.
Und da haben wir jetzt gerade ganz viel rumgebastelt, ganz viel rumprobiert.
Und ich hoffe mal, dass das jetzt alles so funktioniert.

Susanne: Ich bin sehr gespannt, denn das passt gerade schon zu unserem Thema.
Wir wollen heute nämlich mal so ein bisschen drüber sprechen, was uns, also den Henner und mich, was uns so stresst.
Und ich muss ganz ehrlich sagen, die Tatsache, dass wir ab jetzt mit Bild unseren Podcast machen, hat Henner schon ein bisschen gestresst.

Henner: Ja, das ist ein hervorragendes Beispiel, weil die Geschichte ist, Susanne hat irgendwie mal so nebenbei läufig erwähnt, also ab der hundertsten Folge würde ich das gerne mit Bild machen.
Und ich hörte mich sagen, ja ja, das ist kein Problem.
Eine Woche später sagt Susanne, du weißt schon, dass wir gerade jetzt 99 aufnehmen müssen.
Und ja, dann ging mein Stress so ein bisschen los, nämlich rauszufinden, wie ich das tatsächlich alles hinkriege.
Und vor allem muss es ja auch so gut passen, dass wir ja nicht für jede Podcastfolge irgendwie eine halbe Stunde Rüstzeit und danach wieder eine halbe Stunde Abrüstzeit haben.
Weil dann wird es wirklich stressig.
Dann stresst es mich nämlich richtig.

Susanne: Aber wo wir ja gerade schon mal über den Stress reden.
Ihr kennt ja unser Lieblingsthema schon.
Vielleicht hast du ja in der ein oder anderen Folge schon was über Stress von uns gehört.
Unter anderem vielleicht auch über die Stressgleichung.
Die möchten wir jetzt gar nicht so im Detail besprechen.

Die Stressgleichung

besagt Folgendes.

Unser Stress entsteht nicht nur, wie wir ganz häufig denken, durch äußere Einflüsse.
Also in dem Fall beim Henner durch mich, weil ich jetzt die Idee hatte, wir können ja den Podcast mit Bild aufnehmen.
Und mit den Ressourcen.
Also die Ressourcen, die helfen gegen unseren Stress.
Und die innere Bewertung, die kann für oder gegen Stress agieren.
Und wenn wir doch jetzt noch mal zum Henner gucken, dann können wir da ja auch schon mal so ein bisschen kriminalistisch aufarbeiten.

Den äußeren Stressor, den kennen wir, das bin ich.
Aber was ist denn seine Bewertung, die ihn hier stresst?

Henner: Das ist doch eigentlich ganz einfach.
Die Bewertung ist, ich muss wieder irgendwas machen.

Susanne: Doch das ist ein Glaubenssatz.
Ich muss wieder irgendwas machen.

Henner: Genau, und da sind wir schon.
Also die innere Bewertung hat mit unseren Glaubenssätzen zu tun.
Unsere Glaubenssätze beeinflussen die Wahrnehmung vom Stressor ganz gewaltig.
Und das ist natürlich ein Glaubenssatz.
Ja, ich muss es wieder machen.
Nur ich kann es.

Susanne: Ja, da sind wir nämlich schon beim Punkt.
Also einerseits so ein bisschen das Perfektionistische, weil das Bild muss ja nachher auch gut sein und die Tonqualität muss stimmen.
Und das muss ja schon alles wirklich ausgefeilt sein.
Da hat der Henner ja schon so seine eigenen inneren Ansprüche.
Und was steckt noch dahinter?
Warum stresst er sich noch?

Henner: Weil ich wahrscheinlich das Gefühl habe, keine Zeit dafür zu haben.

Susanne: Ah,

Zeit ist eine Entscheidung.

Henner: Genau, die ich aber nicht frei treffen darf.

Susanne: Oh, okay, ich sehe schon, ich als Stressor bin doch deutlich stärker als seine inneren Bewertungen.

Henner: Du bist ein großer Stressor.
Nein, da ist natürlich auch drin, es ist wieder was Neues und es funktioniert da nicht so richtig.
Und es kostet Zeit.

Susanne: Ah, und dieser Gedanke, es funktioniert nicht so richtig, das ist doch eine Angst, oder?

Henner: Da ist sicherlich auch Angst drin, klar.
Wenn es da nicht funktioniert.

Susanne: Wenn es da nicht funktioniert, das ist wiederum eine Erfahrung.
Die Erfahrung, ich probiere was Neues, und es funktioniert nicht.

Henner: Ja, es ist raus aus der Komfortzone.
Und da muss man erstmal wieder über die Schwelle der Angst.
Weil ein Podcast ohne Ton, ähm, nein nicht ohne Ton, das wäre blöd, ein Podcast ohne Bild ist es, was wir schon können.
Was funktioniert.
Und ein Podcast mit Bild ist etwas, was wir noch nicht können, was wir jetzt gerade üben.
Und da sind wir in der Zone der Entwicklung.
Und ja, es könnte geil werden.
Aber es könnte auch furchtbar werden.
Ja, also da spielt ganz, ganz viel mit rein.
Und was natürlich bei der inneren Bewertung auch immer noch mit rein spielt, sind die Erwartungen.
Also, was erwarte ich von mir?
Was erwarte ich von anderen?

Susanne: Ja, und vor allem, was erwarte ich von dir?

Henner: Ja, natürlich.

Susanne: Und was erwarten unsere Hörerinnen, beziehungsweise dann auch Zuschauerinnen von uns?
Genau.

Henner: Da sind ganz viele Erwartungen mit drin.
Das ist immer mit dabei.
Und der nächste Punkt, der auch immer mit dabei ist, ist der Vergleich.

Susanne: Ja, das stimmt.

Henner: Da gibt es welche auf dem Markt, die machen richtig geile Video-Podcasts.

Susanne: Hör mal zu, die haben irgendjemand Professionelles, der vor, ähm, so wollte ich schon exhibitioniert sagen, vor, wie heißt denn das, wenn man es vorbereitet, vor, äh…

Henner: Selektioniert?

Susanne: Nee, auch nicht.
Ach, ich weiß nicht.

Henner: Ich weiß nicht, was du sagen willst.

Susanne: Der quasi schon, das Konzept konzipiert, genau das war das.
Und der es danach schneidet und der mit der Kamera rumrennt und der die Auslichtung macht, also dafür sind wir doch mega.
Wir machen das einfach zu zweit.

Henner: Ja, und du machst die Auslichtung.
Ja, natürlich.
Wir machen das so mit Haushaltsmittelchen.
Wir haben auch kein professionelles Studio, sondern, noch seht ihr es nicht, wir sitzen hier in Susannes Box ihrer Arbeitszimmer und ja, es ist kuschelig warm.

Susanne: Oh ja.
Und das Fenster können wir nicht aufmachen, weil da sind die Nachbarn zu laut.

Henner: Genau.

Susanne: Und ja, oh Gott, das müssen wir auch noch berücksichtigen.
Wir werden ja schwitzen.
Das heißt, wir müssen dann noch ein bisschen…

Henner: Ja, ja, ja.
Müssen wir uns noch schminken und abpudern.
Abpudern, ja.
Susanne: Okay.

Henner: Also ihr seht schon, wir haben Stress.

Susanne: Also zumindest der Henner hat Stress.
Ich hab grad hier Spaß, aber ich bin sicher, ich werde auch noch in Wallung kommen.
Aber jetzt noch mal kurz, jetzt haben wir ja über den Stressohr und über die eigene Bewertung geredet.
Jetzt sollten wir vielleicht noch die Ressourcen mit reinpacken.
Was könnten denn Ressourcen sein, um diesen Stress bezüglich des Videopodcasts bei dir wieder zu minimieren?

Henner: Ressourcen ist ja so ein sehr, sehr weit gefächerter Begriff.
Ich glaube, was immer der erste Schritt sein darf, wenn ich feststelle, dass ich gestresst bin, dass ich mal kurz in die Metaposition gehe.
Das heißt, ich versuche einfach mal die Situation so aus 5 Metern Höhe zu betrachten.
3 Meter reichen auch.
Und einfach mal diese Situation anzugucken und ein bisschen Abstand da reinzubringen.

Susanne: Da kannst du vielleicht die Frage, wenn du schon da oben schwebst und wir schon mit 5 reden, dann können wir ja auch noch

die 5 Minuten, 5 Stunden, 5 Tage, 5 Wochen-Regel

mit reinbringen, oder?

Henner: 5 Monate, 5 Jahre.
Genau.

Susanne: Also vielleicht kennt ihr sie schon.
Und zwar, stresst mich das in 5 Minuten immer noch?
Oder in 5 Stunden?
Oder in 5 Tagen?
Oder in 5 Wochen?
Also ist es was, wo es sich wirklich gerade lohnt, sich darüber aufzureden, oder sich Sorgen zu machen?
Oder ist das vielleicht überhaupt gar kein Problem mehr?

Henner: Genau.
Das ist bloß das, wenn man gerade gestresst ist, dass man überhaupt nicht hören möchte.
Weil wenn ich gestresst bin, dann ist es ein Problem.
Und wenn du mir dann erzählst, das ist überhaupt kein Problem, dann stresst du das gleich noch mehr an.
Das heißt, man muss es selber machen.
Und man muss selber einfach mal da durch und sagen, okay, jetzt guck dir die Situation mal an und überleg einfach mal, ob dieser Stress hilfreich ist gerade, ob das irgendwas bringt und ob das Problem wirklich so groß ist, dass es sich lohnt, sich derartig darüber aufzuregen.

Susanne: Aber jetzt waren wir ja gerade bei Ressourcen.
Was könnte denn noch helfen?
Also ich glaube, was helfen würde, ist doch die Erfahrung.
Also wenn wir das jetzt zehnmal gemacht haben und du erkennst, ach, so schlimm ist unser Video gar nicht und wir haben vielleicht mal einen Versprecher und vielleicht auch mal eine Fliege im Gesicht, aber ansonsten ist nichts dramatisches, dann hilft das doch, oder?

Henner: Ja, genau.
Also es ist eine gewisse Form vom Gefühl der Selbstwirksamkeit, das heißt, okay, wir wissen, wir kriegen das hin.
Und wir haben die Erfahrung, wir haben das ja schon mal geschafft, wir haben schon vieles geschafft und auch das kriegen wir hin.
Also das Wissen ist da.
Wir müssen das halt einfach hin basteln.

Susanne: Genau.
Und an sich wäre natürlich noch so eine Grundresilienz, wäre, glaube ich, auch förderlich, ne?

Henner: Das ist immer förderlich.
Und was ja ein Bestandteil von der Resilienz ja auch immer ist, ist der Optimismus.
Also nicht nur drauf gucken, oh Gott, was könnte jetzt alles schief gehen, wie zum Beispiel, dass jetzt gerade der Bildschirmschoner angegangen ist und wir uns gar nicht mehr sehen.
Und ich keine Ahnung, ob das Ding jetzt immer noch aufzeichnet oder nicht.
Nein, also einfach der Optimismus, es könnte doch super werden.
Und es wird auch super.
Ja.

Susanne: Also gut, wir haben jetzt so ein paar Ressourcen.
Du hast so ein bisschen festgestellt, was du tun kannst.
Ich werde dich dann irgendwann von da oben wieder runterholen.

Henner: Das bitte sehr drum.

Susanne: Und dann reden wir doch mal über ein paar andere stressige Situationen, oder?
Das Thema Podcast haben wir jetzt ausgewalzt.
Also vielleicht machen wir was aus dem medizinischen Kontext.
Was könnten wir denn da?
Ah ja, ich weiß, was mich stresst.
Und zwar, wie du ja weißt, ich bin seit einem halben Jahr in einer allgemeinmedizinischen Praxis tätig.
Und hier habe ich immer so schön meine Anzeige, welcher Patient, welche Patientin gerade in meinem Wartezimmer, also quasi dem mir zugeordneten Wartezimmer sitzt und zeigt doch an, wie lange er da schon sitzt.
Und jetzt habe ich eben so einen Patienten gerade bei mir drin und oder gerade fertig.
Ich gehe auf diesen Bildschirm und ich sehe, der wartet schon seit 20 Minuten.
Und das stresst mich.
Das ist wirklich so.
Also in dem Moment denke ich, ah Mist, warum wartet der schon 20 Minuten?

Was ist der Stressor?
Der Stressor ist die Situation.
Die Situation, dass der da schon sitzt.

Aber was ist denn da jetzt meine Bewertung?
Und da finde ich schon einiges.
Also zum Beispiel, der könnte jetzt knatschig sein, dass er 20 Minuten gewartet hat.
Also vielleicht habe ich echt Angst, dass der jetzt motzig reinkommt.
Oder mir vielleicht sogar einen Vorwurf macht, warum er denn jetzt schon so lange warten muss.
Es ist aber auch so ein bisschen mein eigener Anspruch.
Ich möchte ja eigentlich eine absolut perfekte Servicekompetenz bieten.
Ich möchte zwar ein offenes Ohr haben, ich möchte für die Patienten da sein, ich möchte sie sehen, ich möchte sie gut behandeln, ich möchte rund um alles toll machen.
Aber gleichzeitig das natürlich auch noch in der kürzesten Zeit, sodass der nächste nicht warten muss.
Das ist so ein bisschen die eierlegende Wollmilchsau, muss ich ehrlich zugeben.

Henner: Das ist wieder Perfektionismus.

Susanne: Das ist Perfektionismus, genau.
Und trotzdem schwingt das natürlich da so ein bisschen mit.
Und dann kommt natürlich auch die Zeiten, die die Helferinnen uns zugestehen pro Patient, die sind ja so ein bisschen für alle gleich.
Das heißt, wenn ich jetzt so eine Wartezeit aufbaue, dann bedeutet das ja auch, dass ich im Vergleich zu den anderen es nicht so schnell kann oder nicht so gut hinkrieg.
Also da ist dann auch schon so ein bisschen Selbstzweifel, was habe ich wieder so lange geschwitzt oder wo habe ich so lange gebraucht, warum bin ich nicht so richtig auf den Punkt gekommen.
Also das sind die Sachen, die mich dann daran stressen und ist wieder alles meins.

Henner: Welche Ressource brauchst du?

Susanne: Jetzt wollte ich dich gerade fragen, ob du eine Vorschlag hättest, was für Ressourcen ich da nutzen kann.
Naja, ich glaube, als erstes mal so das Bewusstsein, der wartet deshalb 20 Minuten, weil ich mich ja vorher ausgiebig und nach meinen Werten mit einem Patienten beschäftigt habe, mit dem anderen.
Es liegt nicht daran, dass ich in der Zwischenzeit ein Eis gegessen habe oder drei Kaffee getrunken habe, sondern dass ich ja wirklich nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet habe.
Also Bewusstsein, würde ich sagen, ist schon mal eine Ressource.
Aber auch ein Selbstbewusstsein oder eine Selbstliebe oder ich weiß gar nicht, wie ich es sonst nennen kann.
Also dass ich tatsächlich deshalb nicht an mir selber zweifle.
Was ist denn das Gegenteil von Selbstzweifel?

Henner: Eigentlich schon das Selbstbewusstsein.

Susanne: Schon, oder?

Henner: Ja.
Also ja, Selbstbewusstsein, würde ich sagen.

Susanne: Und dann noch ein ganz großer Punkt und das habe ich tatsächlich schon gemerkt.
Weil wenn ich das dann sehe mit den 20 Minuten, dann merke ich, dass so ganz kurz im Moment so eine Unruhe auftaucht.
Unruhe, gleich Stress, du weißt es schon, Amygdala fängt an, limbisches System und was wir ja auch schon oft genug erzählt haben, in dem Moment, wo unser Stresszentrum anfängt zu agieren, hört unser präfrontaler Cortex auf, wirklich sinnvoll zu arbeiten.
Das heißt, in dem Moment, wo ich in diesem Stressmodus bin, in dem Moment werde ich garantiert nicht mehr besonders gut Aufmerksamkeit oder auch zügig arbeiten können.
Das heißt, in dem Moment, wo ich spüre, da ist diese Unruhe, da kommt dann sofort diese Sorge.
Was mache ich jetzt, um einfach wieder ruhig zu werden?
Und da habe ich inzwischen so einen, wie soll ich sagen, so einen Scheißegal-Knopf, wo ich dann einfach drauf drücke und denke, nee, der hat jetzt 20 Minuten gewartet, das sind nicht zwei Stunden, das sind auch nicht zwei Tage, das sind einfach nur 20 Minuten und ich werde jetzt einfach ihm auch genau die Zeit widmen, die er jetzt braucht.
Und das fährt mich tatsächlich runter und dann kriegt mein Präfrontaler Kortex noch ein bisschen Energie und kann sinnvoll weiterarbeiten.

Henner: Das ist klasse.
Ich glaube, diesen Scheißegal-Knopf, den musst du mir mal abgeben, den bräuchte ich nämlich auch manchmal.
Aber das Spannende ist ja, ich habe neulich, bin ich in Stress gekommen, weil ich hatte den ganzen Tag, den ganzen freien Tag reserviert, um ein Büro zu machen, Steuererklärung und diese ganzen Sachen, die ich eigentlich ganz gerne mache, aber auch gerne vor mir her schiebe.
Und hatte noch ganz viel Organisatorisches für diesen Tag mit eingeplant.
Und stell morgens fest, in meinem E-Mail-Programm, dass eine meiner, eins meiner E-Mail-Konten nicht mehr funktioniert.
Bei mir auf dem Computer.
Und ja, da gehen dann erstmal alle Lampen an, weil da kommt als erstes ja gleich mal die Angst.
Ist das Konto gehackt worden?
Hab ich da jetzt ein großes Problem?
Ist es nur ein kleines Problem?
Dann kommt der Ärger.
Weil, warum gerade jetzt?
Warum ausgerechnet heute?
Heute brauche ich dieses E-Mail-Programm.
Heute brauche ich dieses E-Mail-Konto.
Und heute kann ich es nur vom Handy aus bedienen.
Und nicht vom Computer selber.
Also, saublöd.
Und da gehen dann schon ganz, ganz, ganz viele Bewertungen auf.
Und das ist ja das, da kommt man dann in so einen Gedanken kreisen.
In so eine Spirale rein.
Weil das Problem wird ja immer schlimmer und immer größer.
Und jetzt kann ich keine E-Mails schreiben.
Und das ausgerechnet heute.
Also, man wird fest in diesem Gedankenkarussell.
Und auch da muss man irgendwie einmal aus diesem Karussell aussteigen.

Susanne: Da bist du nämlich wieder im limbischen System.

Henner: Genau.
Wieder am Rumfeuern hier, ne?

Henner: Genau.
Da ist auch kein Platz mehr für die Kreativität, fürs logische Denken und so weiter.
Das heißt, man muss einmal aus diesem Gedankenkarussell aussteigen.
Man muss einmal so einen Stopp machen, den scheiß Egal-Knopf drücken.
Entweder eben, dass man einfach mal wieder kurz in die Metaposition geht und von oben drauf guckt.
Oder, was auch hilfreich ist, erst mal diesen Gedanken, der sich da so festgesetzt hat, zu benennen.
Und ihn auch mal laut auszusprechen.
Wobei da beim Laut-Aussprechen ganz, ganz wichtig ist, ich sage nicht, es ist eine unglaubliche Katastrophe, dass dieses E-Mail-Konto nicht funktioniert, sondern ich sage, ich habe den Gedanken, dass es eine unglaubliche Katastrophe ist.
Es ist ja keine unglaubliche Katastrophe.

Susanne: Ach so, ja das stimmt.

Henner: Es ist also ganz wichtig, dabei festzustellen, wenn man diesen Gedanken benennt, es ist erst mal nur ein Gedanke.

Susanne:

Du kannst aber auch deine Emotionen benennen.

Ich reg mich gerade furchtbar auf.
Oder ich hab Angst, dass jetzt der ganze Tag zusammenbricht.

Henner: Genau.
Und das hilft schon, einfach um so ein bisschen aus diesem, aus dieser Spirale rauszukommen.
Und welche Ressourcen brauche ich dann dafür?
Was brauche ich noch an Ressourcen?
Ich glaube, ich brauche da erst mal ein bisschen Demut.
Ich brauche vor allem die Akzeptanz.
Das heißt, ich muss akzeptieren.
Das Problem kann ich jetzt gerade nicht lösen.

Susanne: Weißt du, was auch helfen würde?
Ein gutes Stück Käsekuchen.

Henner: Ja, das ist auch eine Idee.
Das ist auch eine Ressource.

Susanne: Ja eben, ne?

Henner: Käsekuchen ist eine Ressource.
Und parallel zu diesem Stück Käsekuchen kann ich ja dann mal das Internet befragen, ob jemand dieses Problem kennt, was sich hinter dem Fehlercode CF24 verbirgt und kann auf Lösungssuche gehen.
Aber vielleicht sollte ich das erst nach dem Käsekuchen machen.

Susanne: Genau, also da wollte ich jetzt gerade wirklich einen Spruch erheben, weil sonst kriegen wir nämlich Ärger mit Frau Viertlböck, die das intuitive Essen uns beigebracht hat.
Wenn wir wirklich während des Essens nebenher schon im Internet nach Fehlern…

Henner: Ja, okay, okay, okay.
Ich nehme alles zurück, behaupte das Gegenteil.

Susanne: Also erst genussvoll den Käsekuchen essen.

Henner: Was wollen wir euch mit diesem netten Geplauder eigentlich sagen?
Soll ich das jetzt sagen?

Susanne: Ja.

Henner: Okay.

Susanne: Was wir sagen wollen ist, lasst euch doch nicht so stressen.

Henner: Genau.
Was wir euch natürlich auch sagen wollen, ist, auch wir haben Stress.
Wir sind auch menschliche Lebewesen und die Stressreaktion läuft bei uns genauso ab wie bei jedem anderen.
Ja, wir haben Stress und ja, wir kommen aus diesen stressigen Situationen auch nicht immer sofort und so schnell, wie wir es gerne hätten, raus.

Susanne: Was übrigens manchmal hilft, ist, wenn wir uns gegenseitig auf die Füße treten.
Also den Stress, den erkennt manchmal das Gegenüber deutlich schneller als du selbst.
Und wenn man da so, und da hängt es natürlich wieder so ein bisschen vom Ton ab und was man sagt, wenn man natürlich sagt, oha, bist du wieder gestresst, dann hilft das dem anderen nicht unbedingt.
Aber wenn man den vielleicht fragt, möchtest du mal ein Stück Käsekuchen?

Henner: Ja, genau.
Nein, also was kann man einfach, also wir kommen alle in stressige Situationen immer wieder.
Und das Wichtigste ist dabei festzustellen und das einfach sich hinter die Ohren zu schreiben.
Die innere Bewertung hat massiven Einfluss auf das Stress erleben.
Und je besser meine innere Bewertung ist, desto weniger ist der Stress.

Susanne: Und die innere Bewertung, das ist natürlich etwas, was wir uns über Jahre, Jahrzehnte angeeignet haben, was wir erlernt haben, die Dinge, die uns Angst machen, die Dinge, die uns ärgern.
Unser Gehirn greift dann immer wieder auf alte Situationen zurück und holt irgendwas Altes hervor.
Das ist natürlich nichts, was wir einfach von heut auf morgen per Knopfdruck verändern können.
Aber wichtig ist schon mal, wenn wir es erkennen, wenn wir merken, das stresst mich immer und das liegt nicht nur am äußeren Stress, sondern das liegt daran, dass da bei mir dann irgendwelche Gedanken aufkommen oder irgendwelche Selbstbewertungen oder irgendwas anderes.
Daran können wir dann tatsächlich arbeiten.

Henner: Das ist tatsächlich mit Arbeit verbunden.
Deswegen hat Susanne auch Arbeiten gesagt.
Aber es ist in meinen Augen die effektivste Möglichkeit, mit Stress umzugehen.
Weil, wenn ich nur auf der Ressourcen-Seite arbeite, wenn ich nur an meiner Resilienz arbeite, dann bediene ich nicht das komplette Problem.
Wenn ich sage, oh, nö, meine innere Bewertung, auf die gucke ich lieber nicht, dann kann ich noch so viele Ressourcen da reinpacken, kann noch so viele Yoga-Kurse machen oder noch so viel Käsekuchen essen oder noch so viel meditieren, ich bediene nur das halbe Problem.
Und deswegen muss man an beiden Sachen arbeiten.

Susanne: In der Tat.
Das ist manchmal gar nicht so einfach, das alleine zu machen.
Tatsächlich brauchen wir manchmal da Unterstützung von außen, unter anderem deshalb, weil wir ja alle unseren Blendenfleck haben und manche Sachen gar nicht sehen.
Manchmal gar nicht erkennen, dass wir immer wieder in der gleichen Situation, immer wieder gleich reagieren.
Und deswegen, wenn du sehr, sehr, sehr gestresst bist, wenn das ein häufiges Problem ist, wenn du vielleicht schon unter Stressfolgeerkrankungen, oh, da können wir ganz viele nennen, da ist der hohe Blutdruck, das Herzproblem, die Hautprobleme, die Allergien, die regelmäßigen Kopfschmerzen, die Magen-Darm-Probleme, ah, da gibt es unendlich viele.
Aber wenn du da merkst, oh, das wird einfach grad immer schlimmer oder ich hab da ein neues Problem, dass ich einfach nicht loswerde, dann lohnt es sich schon mal, drauf zu gucken, kann ich da nicht vielleicht doch an meinem Stress arbeiten und gönne mir dazu professionelle Hilfe.

Henner: Genau, zum Beispiel bei uns.

Susanne: Zum Beispiel bei uns.
Das kann aber auch ein Psychotherapeut sein, je nachdem.
Die Frage, wie ausgeprägt ist es und hat das einen krankhaften Verlauf, also ist es wirklich ein tiefgehendes Problem, dann würde ich tatsächlich hier die Psychotherapie empfehlen.
Aber wenn es etwas ist, wo du merkst, du kannst dir das Leben ein bisschen leichter machen, du kannst es etwas vereinfachen, du kannst dir selber helfen, dann melde dich gern bei uns.

In diesem Sinne, jetzt gucken wir uns gleich das Video an und gucken, ob wir das so lassen können.

Henner: Ich bin gespannt, wie ein Flitzebogen.

Susanne: Ganz schrecklich alles ist und wir alles nochmal neu umstellen müssen.
In diesem Sinne, bis in zwei Wochen

Henner: Wir freuen uns, dass du in dieser Folge unser Gast warst und hoffen, dass du etwas Neues gelernt oder über dich erfahren hast.

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